Italienischer Kinderbuch-Klassiker: Pinocchio

Cioa, cioa & buon giorno aus Lucca! Es ist tatsächlich passiert: Wir sind in Italien. So richtig. Mit bis zum Dach bepacktem Auto und 8 Wochen Zeit im Gepäck. Ich freu mich wahnsinnig auf die Zeit zu dritt. Auf den Strand, das Essen und und und…und endlich mal wieder Zeit zum Schreiben zu haben! Herrlich!

Habt ihr auch als Kinder Pinocchio von Disney animiert gesehen? Meine Erinnerung ist nicht mehr ganz frisch, deshalb habe ich mich die letzten Tage erneut mit diesem Klassiker der italienischen Kinderliteratur auseinandergesetzt. Geschrieben wurde das Buch von Carlo Collodi 1883. Doch bereits 1881 wurde “Le Avventure Di Pinocchio: Storia Di Un Burattino” (Abenteuer des Pinocchio: Geschichte eines Hampelmanns) stückchenweise als Fortsetzungsgeschichte in einer italienischen Zeitung veröffentlicht. Heutzutage würde Pinocchio vermutlich als Netflix-Serie starten, um dann als Hollywood-Blockbuster neu verfilmt zu werden. Oder ist das zu weit hergeholt?

Die Geschichte des kleinen Pinocchio

Ganz ehrlich: Mir war kaum noch etwas der Geschichte bekannt. Eigentlich nur die Nase, die beim Lügen immer länger wird. Und dass Pinocchio aus Holz ist, aber gerne ein “richtiger Junge” sein will. Pinocchio ist aber tatsächlich ein recht komplexes Stück Literatur, eine regelrechte Odyssee. Was natürlich nur Sinn ergibt, bedenkt man die Entstehungsgeschichte als Fortsetzungsroman in der Zeitung. Jede Woche musste halt ein neues Abenteuer veröffentlicht und damit auch von Pinocchio erlebt werden…

In Lucca ist Pinocchio allgegenwärtig

Alles beginnt mit einem sprechenden Stück Holz, das der Schnitzer Gepetto geschenkt bekommt. Aus ihm schnitzt er Pinocchio – einen hölzernen Jungen. Das hätte Gepetto sich besser zweimal überlegt, denn fortan macht Pinocchio ganz schön Schwierigkeiten. Pinocchio reißt aus, fällt auf Gauner rein, wird bestohlen, gefangengenommen und im Meer ertränkt und sein armer Ziehvater Gepetto versucht alles, um ihn zurückzubekommen und einen fleißigen Schuljungen aus ihm zu machen. Pinocchio verpricht immer wieder Besserung, doch erst am Ende der Odyssee, nachdem Gepetto und seine Holzpuppe von einem riesigen Walfisch verschluckt werden, hält Pinocchio sein Verprechen. Erst als er reumütig seine Irrtümer erkennt, erwacht er eines Tages als “richtiger Junge” aus Fleisch und Blut.

Und die Moral von der Geschicht’…

Worum es dem Autor geht, scheint auf den ersten Blick ersichtlich: Nur wer stets fleißg ist und seinen Eltern & Lehrern gehorcht, ist ein gutes Kind. Nur durch Fleiß und Gehorsam bekommt Pinocchio seinen größten Wunsch erfüllt: Von der Holzpuppe zu einem lebenden Jungen zu werden. Hält man sich allerdings vor Augen, dass Carlo Collodi ein politisch interessierter und aufgeklärter Freigeist war, lässt sich Pinocchio auch als Satire lesen. In vielen Passagen werden Respektspersonen wie Lehrer oder Polizisten karikiert, ihr überhebliches Verhalten zur Schau gestellt. Pinocchios Odyssee lässt sich also auch genau gegenteilig interpretieren: Als Kritik an einem veralteten Schulsystem, blindem Gehorsam und der damaligen Lebensweise.

Auslage einer Buchhandlung in Lucca

Pinocchios Schöpfer

Carlo Collodi wurde eigentlich als Carlo Lorenzini geboren. Da seine Eltern früh starben, übernahm eine italienische Adlige die Finanzierung seiner Ausbildung. So konnte der Junge aus armen Verhältnissen nicht nur die Schule besuchen, sondern auch Literatur und Philosophie studieren. Nach dem Studium arbeitete er als Journalist, Bibliothekar, Autor und Herausgeber. In Collodis Kindheit und Jugend waren Teile des heutigen Italiens mal von Frankreich, mal von Österreich besetzt. Diese Tatsache prägte den jungen Mann sehr. Sowohl in seinem Alltag als auch in seinem Schaffen. Carlo Collodi war immer politisch interessiert, weshalb er auch aus patriotischer Überzeugung an den italienischen Unabhängigkeitskriegen teilnahm. Sein politisches Engagement war letztendlich wohl auch der Grund, warum er ein Pseudonym annahm. Collodi ist ein Hinweis auf den Geburtsort seiner Mutter in der Toskana. Seine Satirezeitschrift “Il Lampione” (die Lampe) wurde zeitweise verboten. Er wollte „Licht für diejenigen schaffen, die im Dunkeln tappen“ (vgl. Hörath, Helma: Carlo Collodi. In: Rossipotti-Literaturlexikon; hrsg. von Annette Kautt; http://www.literaturlexikon.de/autoren/collodi_carlo.html; Stand: 13.06.2012).

Das schöne Lucca

Wie es weitergeht?

Unsere Tage in Lucca sind schon fast gezählt. Morgen machen wir einen Abstecher nach Parma und beziehen dann abends unsere nächste Unterkunft in La Spezia. Drückt mal die Daumen, dass das deutsche Sonnenwetter auch in Italien ankommt – bisher ist es hier nämlich eher bewölkt bei 20 Grad. Die Cinque Terre ist ein Badeparadies, aber bei 20 Grad mag ich mich noch nicht ins Meer werfen… Was ich als nächstes schreibe? Lasst euch überraschen! Arrividerci!

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