Heute mal keine Weihnachtsbuch-Empfehlungen

Das Kind ist satt und schläft, alle Uni-Texte sind gelesen und ich sitze gemütlich mit dem Laptop auf der Couch – der perfekte Moment, um endlich mal wieder etwas zu veröffentlichen. Tatsächlich war mein erster Impuls, euch einige schöne Neuerscheinungen für die Weihnachtszeit zu empfehlen. Ich habe den ein oder anderen Titel auf meiner Wunschliste, die die Weihnachts-Klassiker in meinem Kinderbuchregal ergänzen sollen. Ich muss euch aber ganz ehrlich gestehen: Keinen Bock. Denn bei der Recherche ist mir aufgefallen, wie wenig ich in den vielen Verlagsvorschauen zu großen Festen der anderen Weltreligionen gefunden habe. Das brachte mich zum Grübeln.

Deutschland ist bunt

Ja, puh, also diese Zwischenüberschrift ist mir jetzt echt nicht leicht gefallen. “Deutschland ist bunt” klingt wie ein mittelmäßiger Slogan des Bundesministeriums für Minderheiten (also Frauen, Kinder und so), da sträuben sich mir beim Schreiben schon die Nackenhaare. Aber ganz unter uns: Ich hoffe es trotzem. Ich möchte nicht aufhören zu hoffen, dass Deutschland bunt ist und auch bleibt. Und ich möchte vor allem meinem Kind vermitteln, dass er (Deutsch, weiß, christlich-sozalisiert, aus Akademiker-Haushalt) nicht die Norm ist, das andere Menschen andere Backgrounds haben und dazu gehört für mich auch ihre Religion.

Seien wir noch etwas ehrlicher miteinander: Dieses ganze “Der Islam (oder eine andere Religion eurer Wahl) gehört nicht zu uns, denn wir sind Christen” ist Bullshit. Sorry, aber anders kann ich es nicht formulieren. Wer von uns/euch geht denn sonntags noch in die Kirche oder kennt irgendein christliches Fest, das nicht von Coca Cola oder Disney groß gemacht wurde oder an dem es keine Geschenke gibt? Deutschland war mal ein christliches Land und mit Sicherheit sind wir alle christlich geprägt und mit christlichen Traditionen aufgewachsen – aber das war’s dann auch schon. Das gilt natürlich für manche mehr und für manche weniger. Aber genau das ist ja der Punkt: Menschen sind unterschiedlich.

Chanukka, Zuckerfest oder Kumbh Mela

Wozu soll ich also das 25. Weihnachtsbuch kaufen, wenn ich nicht weiß, was oder wann meine Nachbarn wichtige Feste feiern? Sorry liebe Verlage, denn jetzt wird es unangenehm. Glaubt ihr, ich hätte bei meiner Recherche irgendein Bilder- oder Kinderbuch gefunden, das ich hier gerne vorgestellt hätte? Zugegeben, es war eine kurze Recherche. Aber wenn ich, die sich mit Vorschauen und dem ZVAB auskennt, kaum etwas findet, wie sollen dann Leute ohne Branchenerfahrung etwas finden?! Nicht mal zu Chanukka habe ich viel gefunden und ich hatte wirklich erwartet, dass es in irgendeinem großen deutschen Verlag ein schönes Buch gäbe, dass jüdische Traditionen beleuchtet.

Ich rede hierbei übrigens nicht von Sachbüchern. Es geht um Bilderbücher, Bücher, die die Weltsicht von Kindern prägen. In denen sie sich wiederfinden sollten. Ein Thema in einem Sachbuch wird viel objektiver gelesen, als ein Thema, das in eine Geschichte verwoben ist. Ein Bilderbuch, in dem die Familie eines Kindes Chanukka feiert, beleuchtet das Thema nicht wie einen Gegenstand im Museum, sondern nimmt die Leserschaft mit, ganz dicht ran ans Thema. Das Thema wird ge-/belebt. Nicht von jemandem von Außen beschrieben. Außerdem gehr es mir explizit um Publikumsverlage. Natürlich habe ich eine handvoll Bücher gefunden – die wurden aber alle in klitzekleinen Verlagen verlegt, von denen ich, mit mehrjähriger Buchhandelserfahrung, noch nie etwas gehört hatte. Ergo, diese Bücher tummeln sich nicht in vielen Buchhandlungen.

Das ernüchternde Fazit

Ich werde mir nun zwei gebrauchte Bücher bestellen, die mich wirklich interessieren: “Eines Abends im Winter” von Sarah Fricke (erschienen bei Jacoby & Stuart) und “Chanukkatz oder Ruth, Chanukka und das Katzenwunder” (erschienen bei Fischer). Beide hören sich sehr vielversprechend an, wurden jedoch wohl nicht so gut verkauft, dass sich weitere Auflagen gelohnt hätten. Sehr schade, denn wenn sich ein Thema nicht verkauft, ist es für Verlage natürlich uninteressant. Sie sind ja keine Wohlfahrtsorganisationen, sie sind Unternehmen der freien Marktwirtschaft. Schon klar. Aber solche Themen außen vor zu lassen, weil sie sich nicht so gut verkaufen kann doch auch nicht die Lösung sein.

“Chanukkatz” von Lena Kugler (Fischer) & “Eines Abends im Winter” von Lucy Fricke (Jacoby & Stuart)

Deshalb meine Frage an euch: Was habe ich übersehen? Wo sond die Bücher-Perlen? Habt ihr noch Tipps für mich zu Bilderbüchern mit ästhetischen Illustrationen, in denen große Feste anderer Religionen gefeiert und nicht erklärt werden? Ich freue mich über Anregungen!

Bei meiner momentan Blogartikel-Frequenz lesen wir uns vermutlich erst wieder im Dezember. Da allerdings dann auch doppelt, denn ich bin wieder Teil des Kinderbuchblogger-Adventskalender und verlose zwei schöne Lieblingstitel. Also macht es gut bis dahin, ihr Lieben!

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